Seit etwas ueber einer Woche bin ich
jetzt in Siem Reap. Wenn ich ueber alles schriebe, das mir in dieser
Zeit Neues und Aufregendes und Bizarres begegnet ist, wuerden mir die
Finger wund. Also fange ich in diesem Eintrag mit dem an, fuer das
ich hier bin: der Schule.
Ich bin jetzt Lehrerin fuer um die 50
Schueler! Zum Glueck sind es nie 50 auf einmal und ich bin auch nicht
allein. Ich arbeite mit einer Khmer Lehrerin, die uebersetzt, die
Kinder diszipliniert, und die Haelfte des Unterrichts leitet. Die
Kinder sind auf zwei Klassen aufgeteilt: Die Tiger kommen morgens,
die Nilpferde nachmittags. Es gibt jeweils eine Englisch Stunde, die
die Khmer Lehrerin leitet, und eine Stunde die ich leite und die sich
an einem sehr offenen Lehrplan orientiert. Diesen Monat ist das Thema
'Kambodschas Nachbarn', also habe ich letzte Woche Vietnam
durchgenommen und mache diese Woche Thailand. Zu dem woechentlichen
Thema muss ich dann Geographie, Mathe ('How many people live in Hanoi
per square kilometer?') und Kunst ('Today we're painting traditional
Vietnamese patterns!') unterrichten. Die Schueler sind zwischen 11
und 16 Jahre alt, aber sehen alle wesentlich juenger aus. Kaum jemand
ist schon in der Pubertaet (Gott sei Dank!). Sie wirken eher als
seien sie zwischen 7 und 10, und darum denke ich von ihnen auch immer
als Kindern – dabei sind einige weniger als fuenf Jahre juenger als
ich.
Es kommt mir ziemlich absurd vor, dass
ich unterrichte. Aber Grace House ist der perfekte Ort fuer jemanden
mit so wenig (sprich: keiner) Erfahrung und der natuerlichen
Autoritaet einer Feldmaus. Zum einen ist alles sehr frei. Der
Unterricht ist zusaetzlich zur staatlichen Schule, die die meisten
Kinder besuchen, also gibt es keine Noten und fixen Lernziele. Es
geht vor allem darum, dass sie Englisch lernen (eine extrem begehrte
und gut bezahlte Faehigkeit) und sich kreativ entwickeln koennen auf
eine Weise, die ihnen die ueberfuellte und sehr frontale staatliche
Schule nicht ermoeglicht. Ich kann also in andern Worten machen was
ich will.
Was das unterrichten aber wirklich
erleichtert sind die Schueler selbst. Ich war immer etwas skeptisch
gegenueber Geschichten von armen Kindern die ja ach so lernbegierig
und gut sind. Ich dachte, dass sich das nach Viktimisierung und
Klischees anhoerte. Aber meine Schueler wollen lernen! Sicher, sie
wollen nicht immer alles lernen, und sie sind keine Engel (sondern
Kinder). Aber sie haben alle eine unterliegenden Wunsch, zu lernen.
Wenn ich etwas an die Tafel schreibe oder eienen Text austeile,
stuerzen sie sich drauf, und versuchen sofort, alles richtig
auszusprechen und zu verstehen. Wenn ich eine Aufgabe stelle gehen
sofort zwei Drittel der Haende hoch. 'To me, to me, teacher!'. Wer
nicht rankommt, ist enttaeuscht.
Sie sind auch gehorsam und respektvoll
– niemand stoert den Unterricht, oder steigt voellig aus. Aber sie
sind andererseits auch nicht zu gehorsam, keine stummen Roboter, die
Aufgaben erfuellen wie Soldaten Befehle. Einige meiner Schueler sind
Frechdachse, oder laut, andere sind schuechtern, manche sind Streber
– wie eben in meiner Klasse auch, als ich in dem Alter war. Aber
ich bin mir sicher, dass ich keine Deutsche Klasse unterrichten
koennte. Wir waren furchtbar in dem Alter! Lehrer wurden unterminiert
wo moeglich, Arbeit vermieden, kaum jemand wollte ueberhaupt im
Unterricht sein. Gerade in de Das ist hier voellig anders. Letzte
Woche habe ich versucht, eine Klasse fuenf Minuten frueher in die
Pause zu schicken, weil sie so gut gearbeitet hatten. Sie haben sich
geweigert!
Ich habe wirklich grosses Glueck mit
der Organisation und dem Projekt. Grace House hilft nicht nur den Kindern sonder auch ihren Familien und Gemeinschaften der Kinder. Es bietet Elektriker-Ausbildungen und eine Flecht-Werkstatt sowie Sozialarbeit und Unterstuetzung fuer die Aermsten in den umliegended Doerfern.
Die Schule hilft den Kindern sehr,
denn Englisch ist extrem wichtig um in Siem Reap Arbeit ausserhalb
der Landwirtschaft zu finden. Und auch sozio-kulturell ist Englisch
sehr begehrt, aehnlich wie in Thailand und Korea. Die Stadt ist voll
von Privatschulen, die Englisch anbieten – fuer hohe Gebuehren, die
die Kinder in Grace House niemals bezahlen koennten. Viele erwachsene
Khmer, die ich kennengelernt habe, arbeiten extrem hart um ihr
Englisch zu verbessern und besuchen Hochschulkurse in Englisch, aber
es gibt wenige, die wirklich fliessend sind, denn die Moeglichkeit,
Englisch zu lernen, gibt es erst seit den 90ern. Die Kinder in Grace
House hingegen haben eine gute Chance, mal richtig richtig gut zu
werden!
Zum Abschied sagen die Kinder immer:
'Good luck to you, good dreams to me!'
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen